Als Ergebnis der Projektlinie A des landesweiten Schulversuchs „Regionale Bildungszentren der Berufskollegs (RBZB)“ mit einer Laufzeit von 2019 bis 2025 ermöglicht der Runderlass neue Organisations- und Leitungsstrukturen für die Zusammenarbeit von Berufskollegs mit ihren Schulträgern in Regionalen Bildungszentren. Die RBZB greifen Herausforderungen der Region auf und vertreten die Interessen der Berufsbildung gemeinschaftlich im Verbund. Als regionale Handlungseinheit nutzt ein RBZB die administrativen und pädagogischen Funktionen des Verbundes, um abgestimmte und effiziente Entscheidungen im Rahmen der Vernetzung als Mehrwert für die Region zu generieren. Somit werden organisatorische, pädagogische aber auch didaktische Prozesse und Strukturen optimiert. Datengestützte Qualitätsentwicklung dient dabei der kontinuierlichen Weiterentwicklung der Verbundarbeit. |
Regionale Bildungszentren
der Berufskollegs (RBZB)
Runderlass des Ministeriums für Schule und Bildung
Vom 7. Februar 2025 - 01.03.03-000033-2025-0000620
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Grundlagen
1.1 Öffentliche Berufskollegs nach § 22 SchulG befinden sich in Trägerschaft der Kreise und kreisfreien Städte. Auf der Grundlage des § 4 SchulG können öffentliche Berufskollegs eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt im Einvernehmen mit den Schulträgern zusammenarbeiten. Erfolgt diese Zusammenarbeit aller öffentlichen Berufskollegs eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt in Form eines Regionalen Bildungszentrums der Berufskollegs (RBZB) kann dieses mit zusätzlichen Lehrerstellenanteilen unterstützt werden, wenn es die nachstehenden Maßgaben der Nummern 2 bis 5 erfüllt.
1.2 RBZB können auch schulträgerübergreifend in zwei oder mehreren Kreisen oder kreisfreien Städten und ihren Berufskollegs in Nordrhein-Westfalen eingerichtet werden.
1.3 Die beteiligten Berufskollegs schließen im Einvernehmen mit dem Schulträger oder den Schulträgern eine Kooperationsvereinbarung, in der Ziele, Organisationsstrukturen und Aufgaben sowie Maßnahmen zur Qualitätsentwicklung und Qualitätssicherung der Arbeit des RBZB konkretisiert werden.
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Ziele und Aufgaben
2.1 Die berufskollegübergreifende Kooperation in den RBZB trägt zur effizienten Nutzung der personellen Ressourcen und vorhandener sächlicher Ausstattung bei. Sie bezieht sich insbesondere auf zukunftsorientierte organisatorische, pädagogische und didaktische Aufgabenbereiche (z. B. Weiterentwicklung von Berufskolleg-Entwicklungsplanungen, von Beratungs- und Verwaltungsprozessen, sowie organisatorische und didaktische Weiterentwicklung von Bildungsgängen und Abstimmungen zum beruflichen Bildungsangebot der Region insgesamt). Die Aufgaben des Schulträgers bleiben unberührt.
2.2 RBZB stärken durch kooperative Zusammenarbeit die Innovationskraft der Berufskollegs in der Region, indem innovative Entwicklungen aus der Arbeitswelt aufgegriffen und in moderne Lernangebote und -formen sowie Konzepte übersetzt werden, um die Handlungskompetenz der Schülerinnen und Schüler sowie Studierenden in einer sich ständig verändernden Arbeitswelt zu fördern. Dazu werden im RBZB kontinuierlich Informationen zum aktuellen Stand der Wissenschaft und Neuerungen der Unterrichtsentwicklung eingeholt.
2.3 RBZB erhöhen die Integrationsleistung Beruflicher Bildung in der Region, indem ein vielfältiges schülerorientiertes und heterogenitätssensibles Angebot für das Lernen unterschiedlicher Zielgruppen in der Region konzeptionell im Verbund gestaltet und in einer integrationsförderlichen Schul- und Unterrichtsentwicklung umgesetzt wird. Kooperationen im Verbund und mit vielfältigen externen Partnern werden für integrationsdienliche, unterrichtliche und außerunterrichtliche Aktivitäten sowie für Beratung und Unterstützung in Übergangsprozessen genutzt. In der Verbundarbeit fördern RBZB Demokratiebildung und nachhaltige Entwicklung.
2.4 RBZB halten ein auf die regionalen Bedarfe ausgerichtetes, abgestimmtes und transparent dargestelltes Bildungs- und Erziehungsangebot in der Beruflichen Bildung an den beteiligten Berufskollegs vor und bieten unter Berücksichtigung beruflicher Praxiserfahrung berufskollegübergreifende abgestimmte Beratung für die jungen Menschen hinsichtlich der individuell bestmöglichen Bildungsgangwahl. Sie knüpfen an die Ergebnisse der Beruflichen Orientierung an.
2.5 RBZB fungieren bei regionalem oder überregionalem Abstimmungsbedarf oder Kooperationsvorhaben als Ansprech- und Kommunikationspartner der Beruflichen Bildung nach außen insbesondere für Zuständige Stellen (Kammern), Sozialpartner, Arbeitsagenturen, ausbildende und praktikumsgebende Betriebe und Einrichtungen sowie abgebende Schulen.
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Einrichtungsverfahren
3.1 Voraussetzung für die Einrichtung eines RBZB sind:
- die Zustimmung der Schulkonferenzen aller beteiligten Berufskollegs und
- das Einvernehmen aller beteiligten Schulträger zur Zusammenarbeit in einem RBZB und zum Abschluss einer Kooperationsvereinbarung.
In der Kooperationsvereinbarung, die der zuständigen oberen Schulaufsicht anzuzeigen ist, verpflichten sich die Schulleiterinnen bzw. Schulleiter der beteiligten Berufskollegs im Einvernehmen mit den beteiligten Schulträgern zur Zusammenarbeit.
Die Kooperationsvereinbarung verhält sich insbesondere zu:
a) den Zielen der Zusammenarbeit,
b) der konkreten Organisationsstruktur und grundlegenden Verfahren zur Koordination und Kommunikation innerhalb des RBZB,
c) der Qualitätsentwicklung und -sicherung,
d) der Bereitstellung und dem Einsatz von personellen Ressourcen für die verwaltungstechnischen Aufgaben durch den Schulträger (Stellenumfang des vom Schulträger für eine koordinierende Stelle bereitgestellten Personals).
3.2 Für die Zusammenarbeit von Berufskollegs in RBZB und die Koordination der organisatorischen, pädagogischen und didaktischen Aufgaben kann die obere Schulaufsicht nach Prüfung der Kooperationsvereinbarungen Lehrerstellenanteile zuweisen.
Die Zuweisung richtet sich nach der Anzahl der beteiligten Berufskollegs und Schulträger. Für ein RBZB innerhalb eines Kreises oder einer kreisfreien Stadt können je nach Anzahl der beteiligten Berufskollegs und im Rahmen der insgesamt zur Verfügung stehenden Stellen bis zu zwei Lehrerstellen zugewiesen werden. Für ein RBZB, in dem sich Berufskollegs von zwei oder mehr Kreisen oder kreisfreien Städten zusammenschließen, können im Rahmen der insgesamt zur Verfügung stehenden Stellen je nach Anzahl der beteiligten Berufskollegs und Kreise oder kreisfreien Städte bis zu drei Lehrerstellen zugewiesen werden.
Die auf Grundlage des Schulversuches genehmigten RBZB gelten bei Inkrafttreten dieses Erlasses in der bisherigen Organisationsstruktur als errichtet. Die obere Schulaufsicht entscheidet über die Zuweisung von Lehrerstellenanteilen nach Maßgabe dieses Erlasses.
3.3 Bestehende dienstrechtliche, personalvertretungsrechtliche und datenschutzrechtliche Vorgaben sind vollumfänglich einzuhalten, Beteiligungsrechte dürfen nicht beeinträchtigt werden. Tritt ein Berufskolleg aus dem Verbund aus, passen die verbleibenden Berufskollegs die bisherige Kooperationsvereinbarung an. Auf dieser Grundlage entscheidet die obere Schulaufsicht über die Zuweisung der Lehrerstellenanteile neu.
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Organisation
Die RBZB verfügen über einen Lenkungskreis, eine koordinierende Stelle und einen Beirat.
4.1 Der Lenkungskreis tagt regelmäßig, mindestens einmal im Quartal. Der Lenkungskreis besteht aus den Schulleiterinnen oder Schulleitern der beteiligten Berufskollegs und mindestens einer Vertretung des Schulträgers/der Schulträger. Die Schulleiterin/der Schulleiter eines Berufskollegs kann sich intern über die stellvertretende Schulleitung vertreten lassen. Die Stimme kann im Verhinderungsfall auch auf die Schulleiterin oder den Schulleiter eines anderen Berufskollegs übertragen werden. Der Lenkungskreis trägt Verantwortung für die strategische Ausrichtung und Entwicklung der Berufskollegs im RBZB. Er organisiert und koordiniert berufskollegübergreifende pädagogische und organisatorische Prozesse sowie Verwaltungsabläufe mit Hilfe der koordinierenden Stelle. Er arbeitet eng mit der oberen Schulaufsicht zusammen.
Der Lenkungskreis fasst seine Beschlüsse einstimmig. Er beschließt über die Aufgaben der koordinierenden Stelle, ihre Organisationsform, regelt die nähere Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten (Schulleiterinnen und Schulleiter, Lehrkräften und Personal des Schulträgers) und dokumentiert diese. Dabei werden keine Dienstvorgesetztenaufgaben übernommen. Er wählt mindestens eine Sprecherin oder einen Sprecher, die oder der das RBZB nach außen vertritt.
4.2 Die koordinierende Stelle ist für die Umsetzung der pädagogischen und administrativen Prozesse des RBZB sowie der beteiligten Akteure verantwortlich. Die koordinierende Stelle ist einem Berufskolleg organisatorisch zugeordnet. Lehrkräfte von anderen Berufskollegs können an dieses Berufskolleg (teil-)abgeordnet werden und in der koordinierenden Stelle eingesetzt werden. Dienstort im Rahmen der Abordnung ist der Sitz der koordinierenden Stelle. Lehrkräfte, die an dem Berufskolleg mit der koordinierenden Stelle unterrichten, können dort im Rahmen ihrer dienstlichen Tätigkeiten ohne eine Abordnung eingesetzt werden und dafür Entlastungsstunden erhalten.
4.3 Dem Beirat gehören jeweils mindestens eine Vertretung der beteiligten Schulträger, jeweils eine Schulleiterin/ein Schulleiter der beteiligten Berufskollegs und eine Vertretung der oberen Schulaufsicht verpflichtend an. Die Kooperationsvereinbarung sieht vor, dass weitere Partner beteiligt werden können, z. B. Zuständige Stellen (Kammern), Sozialpartner, Personalräte oder Arbeitsagenturen. Diese Stellen entsenden jeweils eine Vertretung in den Beirat.
Der Beirat tagt mindestens einmal im Jahr; er ist für die Weiterentwicklung des RBZB zuständig und gibt diesen Empfehlungen zur Qualitätssicherung und Qualitätsentwicklung.
Der Beirat fasst seine Empfehlungen mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen.
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Qualitätsentwicklung und -sicherung
der Arbeit im Verbund der RBZB
Regionale Bildungszentren der Berufskollegs unterstützen die datengestützte Qualitätsentwicklung der Berufskollegs und des Unterrichts für die Schülerinnen und Schüler sowie für die Studierenden an den Berufskollegs.
5.1 Die Qualitätssicherung und -entwicklung der Bildungs- und Erziehungsarbeit in den Berufskollegs der RBZB ist Gegenstand der Beratung und Unterstützung durch die obere Schulaufsicht und zugleich Gegenstand der Schulprogrammarbeit der einzelnen Berufskollegs.
Zur Qualitätssicherung und -entwicklung sind die Strukturen zur Kooperation und Kommunikation im Verbund des RBZB funktional und vernetzt gestaltet. Die Verbundarbeit wird regelmäßig evaluiert. Die Ergebnisse werden der oberen Schulaufsicht mitgeteilt. Die effiziente Ressourcensteuerung und die Mehrwerte bei der gemeinsamen Planung und Durchführung gemeinsamer Bildungs- und Erziehungsangebote werden ebenso wie die Kooperation bei Beratungs- und Verwaltungsprozessen bei der Evaluation überprüft.
5.2 Zur Qualitätssicherung und -entwicklung sollen die Handlungsfelder „Innovationskraft stärken“, „Integrationsleistung erhöhen“, „Demokratiebildung“ und „Nachhaltigkeit“ besonders berücksichtigt und in den Kontext von systematischer datengestützter Schul- und Unterrichtsentwicklung gestellt werden.
5.3 Die Regionalen Bildungszentren der Berufskollegs nutzen zur Qualitätssicherung und -entwicklung standardisierte Verfahren und Instrumente zur Qualitätsmessung mit folgenden Kategorien:
a) Ziel- und Leistungsvereinbarungen zwischen Berufskollegs, Schulträgern und oberer Schulaufsicht, Leitungskonzept der Schulleitungen im Verbund,
b) Leitbild,
c) Prozessmanagement,
d) Evaluationskonzept: Datenerhebung und -analyse,
e) Feedbackstruktur, Handlungsplan.
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Private Ersatzschulen
6.1 RBZB nehmen nach Nummer 2 Aufgaben zur Sicherung und Weiterentwicklung des regionalen berufsbildenden Beschulungsangebots im Sinne eines auskömmlichen und bedarfsdeckenden Beschulungsangebots wahr, so dass deren Einrichtung durch öffentliche Schulträger erfolgt. RBZB können aber auf Beschluss der Schulkonferenzen und der kommunalen Schulträger (vgl. Nummer 4) als Ersatzschulen genehmigte Berufskollegs beteiligen, soweit der jeweilige Ersatzschulträger sowie die dortigen Mitwirkungsgremien dem zustimmen.
6.2 Sie haben in den Gremien des RBZB ausschließlich beratende Funktion. Eine Bereitstellung von personellen und sächlichen Ressourcen für die koordinierende Stelle oder die Zusammenarbeit in einem RBZB durch den Ersatzschulträger ist nicht vorgesehen und nach den Vorgaben des §§ 105 ff SchulG auch nicht refinanzierungsfähig.
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Inkrafttreten
Dieser Runderlass tritt am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft.
ABl. NRW. 04/25